Multitalent Brennnessel
Die Brennnessel findet mehr Interesse als der Hanf. Jedenfalls in der inzwischen traditionellen Gesundheitswoche in Borkheide und Borkwalde. Während zum vorjährigen Hanf-Vortrag der Brücker Heilpraktikerin Heide Müller niemand kam, waren es in diesem Jahr immerhin elf Neugierige, die am Freitag Abend den Weg in das Borkheider Gemeindehaus fanden. Sie alle konnten viel Neues über die Pflanze erfahren, die fast überall vorkommt. Zum Beispiel, dass man die Pflanze ohne verbrannt zu werden anfassen kann, wenn man von unten nach oben den Stängel entlang streift. „Klappt aber nicht immer“, meinte Müller.
Hauptsächlich ging es bei dem Gespräch über die Brennnessel um die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten der Pflanze. Dass sie sich gut als Dünge- und Pflanzenschutzmittel eignet, wissen noch viele. Weniger bekannt ist, dass die Brennnessel auch eine gute Faser abgibt. Die Faser wird aus dem Stängel gewonnen und zu Nesseltuch verarbeitet. Entsprechende Stoffe kennen die Menschen schon seit Jahrtausenden. Wer mag, kann den Stoff auch gleich noch mit der Nesselpflanze graugrün färben. Oder die Ostereier.
Aber damit sind die Möglichkeiten der Brennnessel noch lange nicht erschöpft. Die Samen galten als Aphrodisiakum. Aus der Wurzel kann man Tee gegen Erkältungen oder auch Schnaps herstellen. Hildegard von Bingen empfahl sogar in Olivenöl getränkte Brennnesselblätter auf die Schläfen zu legen, was gegen die Vergesslichkeit helfen soll. Die Pflanze kann man gegen Prostatabeschwerden, Rheuma, Thrombosen, Gicht, Ekzeme, Arthritis, Müdigkeit und Antrieblosigkeit, für Fußbäder und Gesichtsmasken und zum Inhalieren verwenden.
Die Borkheiderin Christa Nagel bedauerte daher sehr, dass bei ihr keine Brennnesseln wachsen wollen: „Andere reißen sie raus. Ich versuche sie anzupflanzen.“ Von der Referentin bekam sie den Tipp, es einmal mit reichlich Pflanzerde zu versuchen. Obwohl die Brennnessel so allgegenwärtig ist, mag sie den sauren Waldboden nämlich nicht.
Der Höhepunkt des Abends fand jedoch in der kleinen Kochecke im Gemeindehaus statt. Müller briet einige mitgebrachte Brennnesselblätter in Kokosöl. „Lecker“, da waren sich die Anwesenden einig. Aber auch sonst kann die Pflanze vielfältig kulinarisch genutzt werden. „Man kann sie überall verwenden, außer vielleicht im Pudding“,meinte dazu Müller. Zur Verkostung hatte sie harntreibenden Brennnesseltee mitgebracht. Die Pflanze eignet sich aber auch als Pesto, als Suppe, als Salat oder Spinatersatz bzw. –zusatz. Die Samen kann man zum Quark oder Salat geben. Wer mag, kann sich auch die Blätter einrollen und sie so roh essen, ohne sich zu verbrennen. Dieser Mutprobe wollte sich jedoch niemand von den anwesenden Erwachsenen stellen. Nur ein mitgebrachtes Kind traute sich.