„Das Leben spielt sich in den Dörfern ab!“

Ralf Rafelt
Ralf Rafelt

Für Lebendige Dörfer im Hohen Fläming – Nachgefragt zum Dörfernetzwerk

Am letzten Donnerstag wurde auf der Burg Rabenstein das bereits im Oktober letzten Jahres verabredete Dörfernetzwerk Hoher Fläming gegründet und Ralf Rafelt aus Groß Marzehns zum Sprecher gewählt.

Wie verlief das Treffen auf der Burg Rabenstein?

Rafelt: Es gab eine gute Diskussion. Wir waren 23 Teilnehmer aus 13 Dörfern aus dem Amt Niemegk, aus der Gemeinde Wiesenburg/Mark sowie aus der Stadt Bad Belzig. Ich bin sehr froh, dass auch der Amtsdirektor von Niemegk, Thomas Hemmerling, und damit die Verwaltung mit an Bord ist. Das hilft uns professioneller zu arbeiten. Daneben hoffen wir auf eine zweijährige Begleitung durch das Institut für nachhaltige Entwicklung und Strukturpolitik (INES). Aber wir sind uns einig, wenn die Förderung nicht kommt, machen wir trotzdem weiter.

Was kann man sich unter einem Dörfernetzwerk Hoher Fläming vorstellen?

Rafelt: Die Idee kommt aus Schweden. Dort gibt es jährlich außerdem einen Dörferreichstag, bei dem tausend Dörfer zusammenkommen. 2006 waren acht Brandenburger dabei. Danach wurde das brandenburgische Netzwerk Lebendige Dörfer gegründet. Sein Ziel ist die Selbsthilfe, aber auch die Lobbyarbeit für die Dörfer. Wir wollen mehr Rechte für die Ortsteile sowie eigene Haushaltsposten. Die Dörfer brauchen mehr Geld. Vielerorts können kaum noch die Pflichtaufgaben erledigt werden, von den freiwilligen Ausgaben ganz zu schweigen. Im Amt Niemegk beispielsweise stehen alle Dörfer vor dem Haushaltssicherungskonzept. Wir haben aber den Anspruch und das Recht, zwar anders, doch letztlich genauso gut zu leben wie in der Stadt.

Die Dörfer wurden also in den letzten Jahren vernachlässigt?

Rafelt: Die Dörfer wurden und werden tatsächlich etwas vergessen. Den Begriff Dorf gibt es nicht mehr. Heute wird fast immer von Gemeinden geredet, von Großstrukturen, die mehrere Dörfer umfassen. Gemeinden sind administrative Sachen, die sich vielleicht besser rechnen. Das Leben spielt sich aber in den Dörfern ab. Deshalb wollen wir das Dorf wieder stärker in den Mittelpunkt rücken. Der Begriff Dorf muss wieder Eingang in die Gesetze finden.

Warum ein eigenes Netzwerk für den Hohen Fläming?

Rafelt: Das Flächenland Brandenburg ist groß. Es ist uns nur selten möglich, zu Treffen in die Uckermark oder die Lausitz zu fahren. Deshalb wollen wir uns stärker hier vor Ort vernetzen, natürlich nicht abgekoppelt von den anderen. Ein Dörfernetzwerk muss von unten wachsen.

Wenn es das brandenburgische Netzwerk schon seit einigen Jahren gibt, drängt sich die Frage nach dem bisher Erreichten auf.

Rafelt: Im Landtag ist man sich der Probleme offenbar bewusst und hat deshalb eine Enquete-Kommission „Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels“ eingesetzt. Da konnten wir viele Sachen einbringen. Der demografische Wandel findet in den Dörfern statt, aber längst nicht so stark wie vorhergesagt. Die Geburtenraten steigen wieder und es gibt Zuzug. Das führt dazu, dass die Einwohnerzahlen immerhin stagnieren und nicht weiter sinken. Wir gehen davon aus, dass sich im Abschlussbericht der Enquete-Kommission einige unserer Auffassungen wiederfinden werden. Es gibt den jährlichen Tag der Dörfer in Brandenburg. Der vorletzte fand in Garrey mit viel Unterstützung der Garreyer statt. Auf diesem Treffen wurde übrigens auch die Idee zu unserem regionalen Netzwerk geboren.

Wie geht es jetzt mit dem Dörfernetzwerk Hoher Fläming weiter?

Rafelt: Aktuell arbeiten wir an einer gemeinsamen Erklärung, die wir in der kommenden Woche der Öffentlichkeit vorstellen wollen. Wir werden uns künftig einmal im Vierteljahr treffen. Auf dem nächsten Treffen, das im Juni stattfinden wird, werden wir Probleme aus den einzelnen Dörfern zusammentragen und uns über ein Ranking der Dringlichkeit verständigen. Wir wollen uns gegenseitig unterstützen und voneinander lernen. Nicht jammern, sondern selber bemühen, ist unsere Devise.

Interview: Andreas Trunschke