Bravo für Commedia dell’arte in Borkheide
„Der besondere Abend“ am letzten Sonnabend war auch für die Organisatorin Edda Haage etwas Besonderes. Die Veranstaltungsreihe gibt es seit 19 Jahren in Borkheide. Haage gelingt es dabei immer wieder, herausragende Künstler in die Waldgemeinde zu locken. Dieses Mal kannte sie jedoch die Künstler nicht bereits vorher persönlich. Sie hatte das deutsch-italienische Duo für Musik und Theater mit Gaby Bultmann aus Berlin und Daniele Ruzzier aus Venedig auf YouTube entdeckt. Auch darüber hinaus war dieser Abend „ein Experiment„. Zum ersten Mal gab es in Borkheide italienisches Theater in der Tradition des 16. bis 18. Jahrhunderts zu erleben, Commedia dell’arte.
Bultmann und Ruzzier haben die Satire „Il Teatro alla Moda“ des Vivaldi-Konkurrenten Benedetto Marcello (1686 bis 1739) über den damaligen Opernbetrieb in Venedig im Stile der Commedia dell’arte bühnentauglich gemacht. Dazu illustrieren sie ausgewählte Texte mit Marcellos eigener Musik. „Das Witzige ist ja, dass Marcello alles, was er am damaligen Opernbetrieb kritisierte, in seiner Musik selbst bedient hat“, so Bultmann.
Marcello berühmt gewordenes Buch von 1720 macht sich über Verhaltensmuster und Protagonisten gleichermaßen lustig. Von den Souffleuren über die Orchestermusiker und Kapellmeister, die Tänzer und Librettisten, die Mütter der Sängerinnen und die Sänger und die damals offenbar unvermeidlichen Bären bis hin zum Theaterkantinenpächter ließ er niemanden ungeschoren. Zur Kunst der Tänzerinnen gehöre es beispielsweise, immer dieselben Schritte zu verwenden, völlig unabhängig zur Musik. Ruzzier versteht es brillant, das zu demonstrieren.
In ihrer Bühnenfassung bedienen sich Bultmann und Marcello virtuos der verschiedensten Mittel und Instrumente. Ihnen stehen Musik und Tanz, Gesang und Rhetorik, Mimik und Gestik gleichermaßen als Ausdrucksmittel zur Verfügung. Sie spielen Cembalo, Flöte, Trommel und Trompete, außerdem alte Instrumente wie Taschengeige, Trumscheit und Vogelpfeife. Dekoration und Kostüme werden dagegen nur sparsam eingesetzt. Eine besondere Pointe besteht darin, dass Marcellos Texte zuerst auf deutsch vorgetragen und danach in theatralischem Italienisch zelebriert werden.
Am Ende gibt es Bravo-Rufe. Das „Experiment“ ist geglückt, auch wenn der Saal nicht so brechend voll war wie sonst. Edda Hage erklärt sich das mit dem herrlich milden, sonnigen Herbsttag und der parallel stattfindenden Gesundheitswoche und ergänzt:
„Seit der Gründung der Reihe war das Publikum stets neugierig, etwas Neues kennen zu lernen.“