Bis auf den Mais ist das Getreide fast runter von den Feldern in Potsdam-Mittelmark

„Die Gerste war durchschnittlich. Beim Raps mussten wir ein Drittel Ertragseinbussen hinnehmen!“, zeigt sich Sebastian Herbst von der Agrargenossenschaft Fläming eG Feldheim enttäuscht. Das Unternehmen ist in der Region auch durch seine Milchtankstelle und seinen „Regiomaten mit frischen Wurstwaren vom eigenen Strohschwein“ in Dietersdorf an der B2 bekannt. Ursache für die Ernteausfälle beim Raps sind in Feldheim die späten Fröste im April und der zu spät einsetzende Regen. Nicht nur die Menge, sondern auch die Qualität des Rapses und des noch zu erntenden Getreides hat unter dem starken Regen der letzten Wochen gelitten. Darüber hinaus ist der viele Regen in Feldheim weniger ein Problem. Zum einen versickert das Wasser schnell im märkischen Sand, zum anderen fließt es aus dem Hohen Fläming „den Berg runter“. In Feldheim hatte man kein Problem, mit schwerer Technik auf die Felder zu kommen. Höchstens auf den Flächen bei Treuenbrietzen wurde das Grundwasser mal zum Problem. In Feldheim selbst hat man dagegen bei Grundwassertiefen von sechzig Metern damit keine Schwierigkeiten.

Um die Ausfälle beim Raps auszugleichen, setzen Herbst und seine siebenundzwanzig Mitarbeiter und drei Lehrlinge jetzt auf ihre Kühe und Schweine: „Zum Glück sind die Preise für Milch und Schweine gerade etwas gestiegen. Schön ist, das der Verbraucher keine light Milchprodukte mehr möchte, sondern Lebensmittel mit Geschmack“. Beim Getreide geht es jetzt um Weizen, Roggen und Triticale. Letztere ist eine Kreuzung aus Weizen als weiblichem und Roggen als männlichem Partner und wird vorrangig als Futtergetreide verwendet. „Die Ernte wird sich noch ungefähr zehn Tage hinziehen, wenn das Wetter mitspielt“, so Herbst. Außerdem ist noch das Stroh einzubringen. Insgesamt rechnet Herbst damit, dass sich die Ernte bis Mitte oder gar Ende August hinziehen kann, was ungewöhnlich spät ist. Mitte August beginnt auch schon wieder die Rapsaussaat. Schließlich ist Anfang bis Mitte September noch der Mais zu ernten, der sich bisher gut entwickelt hat.

Sivia Wernitz, Geschäftsführerin vom Kreisbauernverband Potsdam-Mittelmark
Sivia Wernitz, Geschäftsführerin vom Kreisbauernverband Potsdam-Mittelmark

Dieses Einzelbild der Erntesituation bestätigt im wesentlichen auch Sivia Wernitz, Geschäftsführerin vom Kreisbauernverband Potsdam-Mittelmark, für den gesamten Landkreis: „Die Wintergerste ist runter von den Feldern.“ Laut Landkreis waren es Ende Juli bei Weizen 22 Prozent, beim Roggen 29, beim Raps 48 und bei der Triticale 51 Prozent. Auch Wernitz verweist auf die Probleme beim Raps. Bei Unwetter können die Schoten aufplatzen und der Raps fällt aus: „Die Einbußen liegen deutlich über dem Durchschnitt.“ Aber es gibt deutliche regionale Unterschiede. In höheren Lagen und Trockenheit geht ein Viertel des Ertrages verloren, während gute, tiefer gelegene Böden kaum Einbußen zu verzeichnen haben. Trotzdem bereiten auch die tieferliegenden Böden Probleme. Unkraut wächst durch und bereitet Probleme beim Mähen. Außerdem ist die Feuchtigkeit im Korn höher, was Probleme bei der Lagerung bereitet. Die sogenannte Fallzahl, mit der die Backfähigkeit des Getreides angegeben wird, geht bei Regen runter, d.h., das Korn wird minderwertig und bringt weniger Geld ein. Vielen Bauern ist daher ein trockenes Jahr lieber als ein nasses: Man hat zwar weniger Ertrag, bekommt das Korn aber schneller runter und hat insgesamt weniger Kosten.

Kurze Besprechung am Mähdrescher. V.l.n.r: Sebastian Herbst, Stefan Schulze und Lehrling Maximilian Würfel
Kurze Besprechung am Mähdrescher. V.l.n.r: Sebastian Herbst, Stefan Schulze und Lehrling Maximilian Würfel

Das feuchte Jahr bereitet noch weitere Probleme. Nicht jeder Betrieb hat eigene Lagerkapazitäten und muss das Korn vom Halm verkaufen. Da schmälern Abzüge für Reinigung und Trocknung den Preis. Nicht jeder Landwirte kann einen eigenen Mähdrescher vorhalten und ist auf die Mahd durch Lohnunternehmen angewiesen. Bei ständigen Wetterschwankungen sind die Einsätze nur schwer zu koordinieren.

Wernitz macht aber noch auf ein anderes Problem aufmerksam, das ihr und vielen Bauern der Region gerade auf der Seele brennt, die am 31. März 2017 im Bundesrat beschlossene Novelle der Düngeverordnung. Das Ziel, die Nitratwerte im Boden zu senken, stellt sie dabei keinesfalls in Frage: „Aber das Problem betrifft uns hier in der Region gar nicht, aber alle müssen darunter leiden.“ Keine der dreizehn Messstellen im Land Brandenburg mit erhöhten Nitratwerten befindet sich in der Region.

Der Verband bemüht sich, die Bauern über den Wust an neuen Regelungen zu informieren. Es bedarf Übergangsregelungen, um eventuell erforderlich werdende Mehrkapazitäten zur Güllelagerung schaffen zu können. „So kurzfristig gibt es weder eine Baugenehmigung, noch finden sich Firmen mit freien Auftragskapazitäten.

Aber das ist nur ein Punkt, es gibt weiteren Handlungsbedarf zur Nachbesserung.“ Wernitz hofft daher im Interesse der Bauern in Potsdam-Mittelmark auf ein Einlenken der Politik.

Auch Herbst kritisiert die zusätzliche Bürokratie und die hohen Investitionskosten für neue Lagerplätze. Der Zeitraum für eine fachgerechte und pflanzengerechte Düngung ist zu kurz. „Das Problem kommt aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, wo die Nitratwerte im Grundwasser über dem Grenzwert liegen, und nicht aus Brandenburg, wo eine dünne Viehdichte vorherrscht.“

Nach der Ernte freuen sich alle auf das 21. Kreiserntefest mit buntem Markttreiben und viel Kultur, das am 16. und 17. September in Fohrde stattfinden wird. Höhepunkt wird das 26. Kreisleistungspflügen am Sonnabend sein. „Das Wettpflügen findet von Jahr zu Jahr mehr Interessenten und Zuschauer,“ so Wernitz. Außerdem wird bei dieser Gelegenheit der „Innovationspreis erneuerbare Energien und nachwachsende Rohstoffe 2017“ durch den Landrat übergeben.

Artikel in der MAZ